Bescheide für Behinderte unverständlich – Behörden in der Pflicht

Amtliche Schreiben sind oft kompliziert. Künftig sollen Bundesbehörden verpflichtet werden, ihre Texte zumindest für Behinderte verständlich zu fassen. Gefragt sind kurze Sätze und einfache Sprache.

Menschen mit geistiger Behinderung sollen künftig einen Rechtsanspruch auf Behördentexte in spezieller Leichter Sprache haben. Das sehen Änderungen am Behindertengleichstellungsgesetz vor, die am Mittwoch das Bundeskabinett passierten. Gelten soll der Anspruch ab 2018 für Bundesbehörden wie der Deutschen Rentenversicherung Bund. Leichte Sprache – unter anderem mit kurzen Sätzen – soll Menschen das Verstehen erleichtern.

Insgesamt sollen körperlich und geistig Behinderte auf weniger Stufen, Treppen, Angebote ohne Blindenschrift, Untertitel und andere Barrieren stoßen. Das 14 Jahre alte Gleichstellungsgesetz sieht aber lediglich Verpflichtungen für Bundesbehörden vor, nicht aber für Gaststätten, Handel, Praxen oder andere. Dabei soll es bleiben. Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) sprach zwar von einem guten Schritt. „Ich bin mir bewusst, dass wir noch eine Menge zu tun haben”, sagte sie aber. Die Regelungen auf Länderbehörden und den privaten Bereich auszudehnen, sei in der Regierung nicht durchzusetzen gewesen.

In Deutschland leben rund 10 Millionen Menschen mit Behinderung. 7,5 Millionen Menschen sind nach den jüngsten Zahlen schwerbehindert.

Neu vorgesehen ist die Einrichtung einer Schlichtungsstelle bei der Bundesbehindertenbeauftragten. Betroffene sollen ihre Rechte hier leichter durchsetzen können. Finanziell gefördert werden sollen Schritte wie die Ausrichtung technischer Infrastruktur an die Belange von Behinderten. Geschaffen wird zudem eine Bundesfachstelle für Barrierefreiheit, die Behörden und Unternehmen berät. Die Novelle durchläuft nun noch das parlamentarische Verfahren.

Die Behindertenbeauftragte Verena Bentele begrüßte das Gesetz, mahnte aber mehr Verbindlichkeit und eine Einbeziehung der Privatwirtschaft ein. Dass dies nicht gelungen sei, sei eine „ganz große Enttäuschung”. Sie sprach sich für einen Masterplan aus, um Barrieren abzuschaffen.

Verbessert werden soll auch die Zugänglichkeit zu Bundesbehörden etwa für Rollstuhlfahrer. So sollen künftig auch bei kleineren Umbauten in Gebäuden Hindernisse abgeschafft werden.

Sozialverbände kritisierten das Gesetz als unzureichend. VdK-Präsidentin Ulrike Mascher sagte, bei der Bahn, bei Fluggesellschaften, Taxen und Mietwagen, im Internet und bei privaten Fernsehsendern fehle es an Zugänglichkeit und Angeboten für Behinderte. Der Sozialverband Deutschland beklagte das Ausklammern des privaten Bereichs.

Quelle: dpa