Mankell: “Nach Sterben fühlt es sich nicht an”

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Seit knapp einem Jahr kämpft der Erfinder von Kommissar Kurt Wallander gegen den Krebs – seinen neuen “ständigen Begleiter”, wie er sagt. Das Leben und Überleben ist auch Thema in Henning Mankells neuem Buch.

Redaktion: Herr Mankell, als Sie vor knapp zwölf Monaten die Diagnose erhielten, dass Sie Krebs haben, sprachen Sie von einem “Abstieg in die Hölle”. Wie gehen Sie inzwischen mit der Krankheit um?
Henning Mankell: Auch wenn ich versuche, nicht ständig daran zu denken, ist der Krebs ein ständiger Begleiter. Ich werde nie krebsfrei sein, er wird immer da sein. Aber dank der Fortschritte der Medizin kann ich im besten Fall noch viele, viele Jahre damit leben – und plötzlich auch an etwas anderem sterben. Denken wir nur mal 50 Jahre zurück: Damals lag die Überlebenschance bei gerade mal 20 Prozent. Heute ist sie bei über 70 Prozent. Es fühlt sich auch gerade nicht nach Sterben an.

Henning Mankell wurde 1948 im schwedischen Härjedalen (bei Stockholm) geboren. Der Schriftsteller schuf den legendären Kommissar Kurt Wallander. Ende 2013 wurden bei ihm Tumore in Hals, Nacken und Lunge festgestellt. Mit seiner Krankheit geht der Bestseller-Autor sehr offen um, er berichtet darüber in einer eigenen Kolumne.

 

Bekommen Sie immer noch eine Chemotherapie?
Ja. Und ich leide zum Glück nicht unter heftigen Nebenwirkungen. Die Chemo schlägt gut an: Einige der Tumore sind ganz verschwunden. Ich habe keine Schmerzen. Man sieht mir die Krankheit nicht an, ich sehe aus wie immer. Gut, manchmal bin ich sehr müde.

Sie schreiben zurzeit an einem neuen Buch, das im Frühjahr auch bei uns in Deutschland erscheinen soll. Wovon wird es handeln?
Der Titel des Buches in Deutschland wird voraussichtlich “Treibsand” lauten. Die Handlung beginnt im Dezember letzten Jahres, als ich die Krebs-Diagnose bekommen habe. Es ist aber kein Buch über Krebs und über dunkle Gedanken. Es ist mehr eine Geschichte darüber, was mein Leben ausmacht. Um das Glück wird es gehen, ums Überleben. Alt-Bundespräsident Horst Köhler, den ich gut kenne, hat übrigens zugesagt, das Vorwort für die deutsche Ausgabe zu schreiben.

Es ist also ein autobiografisches Werk, wobei es auch philosophische Gedanken zu enthalten scheint, oder sogar religiöse?
Nein, nein, letzteres nicht. Ich glaube an vieles, aber nicht an Gott.

Afrika ist im Laufe der Jahre zu Ihrer zweiten Heimat geworden. Im Westen des Kontinents wütet immer noch der Ebola-Virus. Hatten Sie in den letzten Monaten aufgrund Ihrer Krankheit überhaupt die Energie, am Schicksal all der Opfer Anteil zu nehmen?
Natürlich habe ich die Energie. Ja, ich habe Krebs. Und es ist ernst. Doch es gibt auch Tage und Stunden, in denen es so wirkt, also würde ich normal leben. Und dann denke ich natürlich darüber nach, was auf der Welt passiert und nehme Anteil.

Interview: Katja Heins (dpa), 01. Dezember 2014