Office-Eye-Syndrom: Wenn die Augen zu trocken sind

Bild: Jose A.Thompson / Unsplash

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Fremdkörpergefühl, Brennen, Juckreiz ­– vor allem in trockener Büroluft haben viele Menschen Probleme an den Augen. Meistens helfen einfache Tränenersatz-Tropfen. Bei hartnäckigen Beschwerden sollte man aber zum Arzt gehen. Eventuell ist eine langwierige Therapie nötig.

Die Augen jucken, brennen oder tränen ständig. Wer mit diesen Beschwerden zum Augenarzt geht, bekommt häufig die Diagnose „Sicca-Syndrom“ oder schlicht: „Trockenes Auge“. Das klingt banal. Doch hinter der simplen Beschreibung verbirgt sich ein komplexes Krankheitsbild, das verschiedene Ursachen haben kann – von zu viel Arbeit am Bildschirm bis zu schweren Erkrankungen.

„Grundsätzlich lassen sich zwei Formen des Trockenen Auges unterscheiden“, sagt Gerd Geerling, Direktor der Universitäts-Augenklinik Düsseldorf. „Im ersten Fall ist generell zu wenig Tränenflüssigkeit vorhanden. Im zweiten Fall verdunstet die vorhandene Tränenflüssigkeit zu schnell, weil die Zusammensetzung des Tränenfilms gestört ist.“

Das „Büro-Auge“ ähnelt einer Autoimmunerkrankung

Häufiger kommt die zweite Variante vor. Sie entsteht, wenn die Drüsen am Lidrand, die Fett für den Tränenfilm produzieren, nicht richtig funktionieren. Wenn auf der Träne (siehe Aufgeklärt: Tränen) keine Fettschicht schwimmt, kann die wässrige Flüssigkeit nicht im Auge gehalten werden und fließt rasch ab. Dabei tränen die Augen häufig, was viele Betroffene irritiert, da es auf den ersten Blick nicht zur Vorstellung von einem trockenen Auge passt. Vor allem ältere Menschen und Frauen nach den Wechseljahren entwickeln ein Trockenes Auge. „Neben alterungsbedingten Veränderungen vermutet man, dass ein Mangel an männlichen Sexualhormonen die Störung der Lidranddrüsen verursacht“, erklärt Geerling.

Auch Entzündungen an der Augenoberfläche oder Erkrankungen wie Rheuma, Diabetes und Rosacea können für ein Trockenes Auge verantwortlich sein. Bei manchen Betroffenen spielen Umweltfaktoren eine wichtige Rolle. Im englischen Sprachraum kennt man das „Office-Eye-Syndrom“ – das „Büro-Auge“. Computerarbeit, Heizungsluft, Gebläse von Klimaanlagen und Staub lassen die Augen austrocknen.

Die möglichen Beschwerden sind vielfältig: Juckreiz, gerötete Lidkanten, morgendliches starkes Brennen oder Krusten auf den Augen, Fremdkörpergefühl, Unverträglichkeit von Kontaktlinsen, Lichtempfindlichkeit und das Gefühl, dass die Augen schnell ermüden. „Neben solchen Symptomen des Dyskomforts kann es auch zu Sehstörungen kommen“, erklärt Geerling. In den meisten Fällen sei ein Trockenes Auge aber nicht gefährlich. Nur sehr selten wird die Augenoberfläche so stark beschädigt, dass die Gefahr einer Erblindung besteht. „Die Erkrankung hat ein breites Spektrum“, erklärt der Augenarzt. Die meisten Betroffenen fühlen sich zwar eingeschränkt, weil das Trockene Auge unangenehm ist – „die Veränderungen am Auge sind aber so mild, dass nur Augenärzte sie bei genauerer Untersuchung feststellen können.“

Als Lappalie darf man das Trockene Auge trotzdem nicht abtun, warnt Elisabeth Messmer von der Universitäts-Augenklinik München: „Bei einem Trockenen Auge handelt es sich nicht um eine Befindlichkeitsstörung, sondern um eine Erkrankung, die viel mit einer Autoimmunerkrankung gemein hat.“

Augentropfen aus Eigenblut

Die Behandlung hängt von der genauen Ursache und von der Ausprägung der Symptome ab. Bei leichten Beschwerden reiche es häufig, Tränenersatzmittel in die Augen zu tropfen, so die Augenärztin. Diese Augentropfen sind frei erhältlich, die Kosten werden deswegen nicht von den Krankenkassen übernommen. Wenn die Beschwerden sich nicht bessern oder Sehstörungen auftreten, sollte man zum Augenarzt gehen. Mit strukturierten Fragebögen und Augenuntersuchungen wird dort geklärt, ob ein Trockenes Auge vorliegt und welche Ursachen infrage kommen. Je nach Schweregrad der Erkrankung schlagen die Ärzte unterschiedliche Maßnahmen vor. Ein einziges Mittel, das die Probleme schnell beseitigt, gibt es nicht. „Die Therapie des Trockenen Auges ist eine Langzeittherapie mit langsamem Wirkungseintritt“, sagt Messmer.

Vielen Patienten hilft eine Lidrandpflege. Dabei werden die Lidkanten mit Kompresse erwärmt und im Anschluss mit Wattestäbchen massiert, die zuvor in eine spezielle Lotion getunkt wurden. Wenn die Tränenflüssigkeit zu schnell abfließt, ist es möglich, die Abflusskanäle mit kleinen Silikonpfropfen zu verschließen, um die Flüssigkeit im Auge zu halten. Außerdem kommen in der Therapie entzündungshemmende Medikamente oder Augentropfen aus Eigenblut zum Einsatz. „Aktuell entwickelt sich sehr viel“, erklärt Geerling. Er warnt davor, einfach selbst Mittel auszuprobieren. Alle Maßnahmen sollten mit dem Augenarzt besprochen werden.

Um einem trockenen Auge vorzubeugen, kann der Einzelne aber durchaus selbst etwas tun. „Man sollte viel Obst und Gemüse essen, viel trinken, nicht rauchen und häufig an der frischen Luft spazieren gehen“, rät Georg Eckert, Sprecher des Berufsverbandes der Augenärzte Deutschland (BVA). Gerd Geerling ergänzt: „Wer viel am Bildschirm sitzt, kann auch Blinzelübungen machen.“ Wenn die Augen ab und an mal am Abend etwas brennen, sollten sich Betroffene andererseits nicht in die Beschwerden hineinsteigern. In diesem Fall hilft auch Gelassenheit.

Von Caroline Mayer (dpa)