Schweißattacken, Hämorrhoiden, Wochenfluss – im Gespräch räumt Jana Friedrich, seit 18 Jahren Hebamme, mit manchem Tabuthema rund um die Schwangerschaft auf. Und sie verrät, warum Frauen keine Angst vor den Geburtsschmerzen haben müssen.
Redaktion: Sie sind nicht nur Hebamme, sondern auch Mutter von zwei Kindern. Gibt es etwas, was Sie vor Ihrer Schwangerschaft gerne genauer gewusst hätten?
Jana Friedrich: Ich hätte gerne mehr Positives über die Geburt gehört. Mir sagte man immer: „Die Geburt wird schmerzhaft, aber da musst du durch“. Dass eine Frau aus den Schmerzen auch unglaublich viel Kraft ziehen kann, erzählte mir hingegen niemand.
Wie kann ich mir das vorstellen, dass Schmerzen Kraft geben?
Der Schmerz bringt die Frau in eine akute Stresssituation. Ihr Körper schüttet dann nicht nur Adrenalin aus, sondern auch die Glückshormone Oxytocin und Endorphin. Vor allem, wenn sie es schafft, sich zwischen den Wehen zu entspannen. Endorphin ist eine Art körpereigene Droge, die unsere Schmerztoleranz steigert. Hält man das Kind dann in seinen Armen, ist man nicht nur unglaublich glücklich, es geschafft zu haben, sondern auch verdammt stolz – nicht nur auf sich, sondern auch auf seinen Körper.
Vorsicht vor zu starkem Pressen auf der Toilette
Gibt es heutzutage eigentlich noch Themen, über die Schwangere nicht reden?
Kaum. Selbst über etwas so Intimes wie Inkontinenz wird mittlerweile recht offen gesprochen. Worüber jedoch ungern geredet wird, sind Hämorrhoiden – und mit denen haben Schwangere tatsächlich häufig zu kämpfen.
Warum das?
Durch die Schwangerschaftshormone ist der weibliche Körper auf „weit und weich“ eingestellt. Das betrifft nicht nur Haut, Bindegewebe und Beckenboden, sondern auch die Gefäße im Enddarmbereich. In der Regel sind die Hämorrhoiden nicht so stark ausgeprägt und bilden sich von alleine wieder zurück. Einige Frauen entwickeln die Schwellungen auch erst beim aktiven Pressen während der Geburt. Unangenehm sind sie allerdings in jedem Fall. Sie fühlen sich an, als wäre da immer noch ein bisschen Stuhlgang im After.
Wie kann ich dem vorbeugen?
Zu viel Druck gehört zu den Hauptursachen für Hämorrhoiden. Ich sollte also immer entspannt auf Toilette gehen, nicht zu viel pressen und Verstopfungen vermeiden. Das heißt ausreichend trinken und ballaststoffreich essen. Auch Bewegung regt die Darmtätigkeit auf natürliche Weise an. Was selten angesprochen wird, ist, dass viele Frauen sich auch im Wochenbett körperlich unwohl fühlen.
Weil Sie über die Schwangerschaft hinweg zugenommen haben?
Der Bauch sieht tatsächlich noch einige Zeit richtig schwanger aus und auch der Schlafmangel macht sich in Augenringen bemerkbar. Aus den Zeitschriften sind wir adrette, glücklich lächelnde Mütter gewöhnt. Da gibt es schon eine gewisse Diskrepanz. Während der Schwangerschaft lagert sich im Gewebe aber auch Flüssigkeit ab und die wird im Wochenbett rausgeschwitzt. Das ist ein natürlicher Vorgang und vollkommen normal. Dazu läuft die Milch und auch der Wochenfluss ist oft noch recht stark.
Hebammenblog
Jana Friedrich ist nicht nur Hebamme, sondern auch fleißige Bloggerin. In ihrem Hebammenblog teilt sie ihre Erfahrungen aus dem Kreißsaal und gibt Schwangeren nützliche Tipps für den Alltag. Außerdem betreibt Friedrich einen kleinen Online-Shop. Ihr Sortiment reicht von der Milchpumpe bis hin zur Brustwarzensalbe.
Der Wochenfluss kann ein Nährboden für Keime sein
Was ist der Wochenfluss genau?
Das Wundsekret der Gebärmutter, an der während der Schwangerschaft die Plazenta saß. In den ersten Tagen nach der Geburt ist der Ausfluss sehr blutig, wird dann bräunlich-gelb, bis er schließlich wieder so weiß ist, wie wir ihn üblicherweise kennen. Bis der Scheidenausfluss wieder normal aussieht, kann es jedoch einige Wochen dauern.
Ist das Sekret infektiös?
Nein. Aber ein guter Nährboden für Keime. Frauen sollten ihre Vorlagen daher alle zwei bis drei Stunden wechseln. Wenn sie mögen, können sie hinterher auch mit ein bisschen lauwarmem Wasser spülen. Ansonsten ist der Wochenfluss nicht schlimm, selbst Sex können sie währenddessen haben – wenn sie mögen.
Apropos Sex: Fühlt der sich nach der Entbindung anders an?
Viele Frauen befürchten tatsächlich, dass ihre Vagina durch die Geburt weiter geworden ist und sie nun weniger spüren. Das ist jedoch bei den wenigsten der Fall. Verrückterweise fühlt sich die Vagina oft sogar enger an. Das liegt auch an der Hormonumstellung, die bei einigen Frauen dazu führt, dass die Scheide trocken wird. Der Beckenboden ist zwar nach der Geburt sehr weich, festigt sich aber schnell wieder. Das passiert größtenteils von alleine, einfach durch normale Bewegungen. Wie jeder Muskel kann aber auch der Beckenboden gezielt trainiert werden.
Information: Mehr über Jana Friedrich und ihren Hebammenblog erfahren Sie in unserer Serie Gebloggt.