Pflegen ohne Rückenschmerzen

© Lexip Production GmbH

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Mehr als eine Million Menschen werden in Deutschland zu Hause gepflegt. Viele Angehörige geraten dabei an ihre Grenzen – psychisch, aber auch körperlich. Die Pflege-App „Kinaesthetics Care“ will diese Menschen in ihrem Alltag unterstützen.

„Die Pflege zu Hause ist ein Knochenjob“, weiß Henriette Hopkins aus eigener Erfahrung. Zwei Jahre lang hat die heute 52-Jährige ihre Großeltern gepflegt. Die eigenen Eltern lebten damals in den USA und konnten nicht helfen.

Hopkins ist gelernte Krankenschwester und leitete mehrere Jahre ein Pflegeheim. Sie ist also ein Pflegeprofi. Doch die Betreuung ihrer Großeltern brachte selbst sie an ihre persönlichen Grenzen. Mit all diesen Erfahrungen im Gepäck machte sie sich 2014 selbstständig und entwickelte „Kinaesthetics Care“ – eine App speziell für pflegende Angehörige.

Max Mustermann erklärt, wie

Die Pflege eines Angehörigen ist ein 24-Stunden-Job. Pausen gibt es nicht – schließlich hört die Sorge nie auf und es muss eine Menge organisiert werden: Formulare zusammensuchen, Anträge stellen – ein Kraft- und Zeitaufwand, der die meisten überfordert.

Hier setzt Kinaesthetics Care an. Die App zeigt den Angehörigen, wann sie sich als Berufstätige bei einem Pflegefall in der Familie von der Arbeit freistellen lassen können, wie sie an ein Pflegebett kommen und was beispielsweise von dem neuen Pflegestärkungsgesetz zu erwarten ist. Auch wenn sich diese Informationen irgendwie im Internet finden lassen: Die App filtert alles Wissenswerte heraus und stellt es dem Nutzer verständlich formuliert zur Verfügung. Wichtige Leistungen werden an Beispielen à la Max Mustermann erklärt.

Was ist Kinaesthetics?

In Kinaesthetics geht es um die bewusste Wahrnehmung von Bewegungen. In der Krankenpflege wird das Konzept seit Mitte der 1980er Jahre angewandt. Ziel ist es, die Bewegungen, wie etwa das Aufrichten eines Patienten, gemeinsam mit diesem zu bewältigen. So soll die Bewegungsfähigkeit des Pflegebedürftigen gefördert und der Pflegende körperlich entlastet werden. Kinaesthetics -Schulungen gibt es nicht nur für Pflegefachkräfte, sondern auch für pflegende Angehörige. Die Kosten übernimmt für gewöhnlich die Pflegekasse.

Jenseits solcher Sachinformationen gibt die App Ratschläge, wie Angehörige richtig mit ihrer Krankenkasse und dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) umgehen. Zimperlich sein dürfe man dabei nicht, meint Hopkins. „Wenn ich ein Pflegebett brauche, dann brauche ich es“, sagt die ehemalige Krankenpflegerin, „und zwar sofort.“

Die Beziehung stärken

Im Menu von Kinaesthetics Care findet der Nutzer auch Schulungsvideos. Hopkins lehrt allerdings keine der herkömmlichen Pflegetechniken. Sie folgt dem zumindest hierzulande nicht sehr verbreiteten Bewegungskonzept „Kinaesthetics“ – so erklärt sich auch der Name der App.

Statt den Pflegebedürftigen in seiner Passivität zu belassen und unter Aufbietung aller Kräfte aus dem Bett zu wuchten, lernen die Angehörigen, die Bewegungsabläufe gemeinsam zu gestalten. „Das entlastet den Pflegenden nicht nur körperlich“, meint Hopkins, „es stärkt auch die Beziehung zueinander und fördert das Selbstbewusstsein des Pflegebedürftigen.“

Ein weiterer Vorteil der App: Haben die Angehörigen mal etwas vergessen, steckt das Erklär-Video griffbereit in ihrer Tasche.

Hopkins entwickelt Kinaesthetics Care täglich weiter. Als nächstes will sie die App mit neuen Videos speziell für den Umgang mit demenziell erkrankten Menschen und Menschen mit Behinderungen erweitern. Auch soll es in Zukunft ein Angehörigen-Forum geben, in dem Betroffene sich austauschen können. „Die Menschen sollen wissen“, sagt Hopkins, „dass sie mit der Pflege nicht allein sind.“

Die App

Elf Schulungsvideos bietet Kinaesthetics Care derzeit im App-Store und bei Google Play an. Drei Videos stehen dem Nutzer beim Download der App kostenlos zur Verfügung. Will er auch die anderen nutzen, muss er die Premiumversion für 4,99 Euro kaufen. Die Informationen zu den Pflegeleistungen sowie die Erklärbeispiele sind nicht nur auf der App enthalten, sondern können auch auf Hopkins Website www.onpflege.tv nachgelesen werden.

 

https://www.youtube.com/watch?v=7RhiqUjsTNE