Worauf es bei Gesundheits-Infos im Netz ankommt

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Das Internet ist für viele ein selbstverständliches Rechercheinstrument – auch wenn es um die Gesundheit geht. Dagegen ist nichts zu sagen. Doch es sind Vernunft und etwas Skepsis gefragt, damit aus Information nicht Desinformation wird.

Die Nase tropft, der Hals schmerzt. Welches Hausmittel hilft jetzt? Der Arzt hat ein bestimmtes Medikament verschrieben. Wie bewerten andere diese Arznei? Ein Verwandter oder Freund hat eine schwere Krankheit. Was muss man zu dieser Diagnose wissen? Viele Menschen öffnen bei solchen Fragen den Internet-Browser und recherchieren los. Dagegen ist nichts zu sagen, denn das Netz steckt voller hilfreicher Informationen – nur finden und richtig einordnen muss man sie.

Die meisten starten ihre Recherche mit einer Suchmaschine wie Google. Das Problem: Viele schauen sich nur die am höchsten aufgelisteten Webseiten an. „Die Toptreffer sind aber keine Garantie, dass die Seiten auch aktuelle und ausgewogene Inhalte zu einem Thema liefern“, erläutert Klaus Koch vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen. Die Treffer-Reihenfolge sagt also nichts über die Qualität der Inhalte.

Ein Text sollte nicht älter als zwei Jahre sein

Stiftung Warentest hat vor einigen Jahren eine Reihe großer Gesundheitsportale im Internet getestet. Gunnar Schwan hat das Projekt damals geleitet. Er weiß, worauf es bei guten Gesundheitsseiten ankommt. „Sie müssen ausgewogen und aktuell berichten und transparent sein“, sagt er. Es sollten zum Beispiel immer mehrere Behandlungsoptionen beschrieben werden und nicht nur eine bestimmte. Unter einem Text sollten Angaben zum Autor und seiner Qualifikation stehen. Angaben zur zitierten Literatur können darstellen, worauf der Beitragsinhalt fußt.

Es lohnt sich auch ein Blick auf das Datum der Veröffentlichung. „Ein Text sollte nicht älter als zwei Jahre sein“, sagt Schwan. Falls doch, müsse ein Vermerk darunter stehen, dass die beschriebenen Inhalte noch dem aktuellen wissenschaftlichen Stand entsprechen. „Denn die Methoden der Medizin werden immer weiterentwickelt.“ Ein Blick ins Impressum zeigt, wer hinter der Webseite steckt. Skeptisch sollten Internetnutzer sein, wenn Informationen von einem Hersteller oder Anbieter – zum Beispiel von Medikamenten oder Behandlungen – kommen.

Expertenforen überzeugen nur bedingt

Manche Gesundheitsportale bieten den Service, dass Experten Fragen von Nutzern beantworten. Bei einem Test der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen konnten die Expertenforen der Portale nur bedingt überzeugen. Manche gaben direkt Empfehlungen zur Behandlung, ohne über das Krankheitsbild breit aufzuklären. Eine Diagnose über das Internet ist verboten. Darauf sollten laut den Verbraucherschützern solche Expertenforen hinweisen. Allerdings gaben nur zwei von neun getesteten Anbietern diesen Hinweis. Nur knapp die Hälfte machte umfangreiche Angaben zu ihren Experten. Wenn Name und fachliche Qualifikation des Experten nicht vorliegen, rät die Verbraucherzentrale von einer Nutzung des jeweiligen Forums ab.

Die Experten nennen zwei Siegel für Gesundheitsportale, die eine Orientierung bieten: das Hon-Siegel der Schweizer Health on the Net Foundation und das afgis-Siegel vom Aktionsforum Gesundheitsinformationssystem. Die Zertifikate geben einen Anhaltspunkt für Verlässlichkeit. Eine Garantie für ausgewogene und richtige Informationen sind sie aber nicht, betont Koch. Er rät, grundsätzlich alle Inhalte mit einer gewissen Skepsis zu lesen, solange man sich nicht von der Seriosität überzeugt hat. Warentester Schwan warnt davor, sich nur auf einem Portal zu informieren. „Man sollte immer mehrere Webseiten zu einem Thema lesen.“ Damit bekommt man eher ein ausgewogenes Bild und kann Widersprüche bei den Angaben aufdecken und bewerten.

Von anderen Betroffenen lernen

Fachlich korrekte und neutrale Informationen braucht man in Internet-Foren zu Medizinthemen nicht unbedingt zu erwarten. Dennoch können sie manchmal eine nützliche, ergänzende Anlaufstelle zur Recherche sein. „Dort kann man sich etwa über gemachte Erfahrungen mit bestimmten Mitteln und Behandlungen austauschen“, erklärt Schwan und ergänzt: „Eventuell erhält man dort Tipps, die man vom Arzt nicht bekommt.“ Man sollte aber im Hinterkopf haben, dass in Foren häufig Laien ihr Wissen teilen.

Während und nach der Recherche stellt sich noch eine andere Frage: Wie kann man Informationen einordnen? Die Experten sehen in ihnen in der Regel nur eine Ergänzung zum Rat des Arztes. „Sie helfen, um sich auf den Termin beim Arzt vorzubereiten, um gezielter nachfragen zu können“, sagt Gretje Stelzenmüller von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Auch im Nachgang des Praxisbesuchs kann man zusätzliche Infos zu einer Diagnose oder einer Empfehlung recherchieren.

Manche Leute wollen mehr über die Krankheiten von Angehörigen erfahren. Oder wissen, wie andere Patienten mit einer bestimmten Erkrankung leben. Dafür sei die Recherche im Internet sehr sinnvoll, sagt Stelzenmüller. Sie warnt jedoch: „Informationen aus dem Netz können auch irreführend sein oder missverstanden werden. Deshalb sollte man sich nicht nur auf das Internet stützen.“

Von Tom Nebe (dpa)