Die Techniker Krankenkasse (TK) entwickelt eigene Gesundheits-Apps. Über die Gründe und Ziele sprachen wir mit Klaus Rupp, Leiter des Fachbereichs Versorgungsmanagement.
Redaktion: Haben Sie eine TK-App auf Ihrem Handy?
Klaus Rupp: Selbstverständlich. Ich teste gerade die Allergie-App „Husteblume“ und das TK-DiabetesTagebuch. Außerdem messe ich mit einem Fitness-Tracker Puls, Schrittzahl und Herzfrequenz. Privat nutze ich auch unser Online-Gesundheitscoaching.
Ihre Selbstvermessung ist also kein reines Privatvergnügen.
Nein. Es ist mein Job, über die neuesten Entwicklungen auf dem Laufenden zu sein. Und in Sachen Apps ist in den letzten Jahren unheimlich viel passiert.
Auf dem Markt gibt es mittlerweile mehr als 400.000 Gesundheits-Apps. Wie soll man da durchblicken?
Gute Frage. Es werden nicht nur immer mehr, sie verändern sich auch ständig.
Therapie-Apps werden immer individueller
Inwiefern?
Die ersten boten einfach nur Information – etwa zur Suche von Ärzten. Mittlerweile begleiten Apps uns, zeichnen alles nur Denkbare auf und lassen sich mit anderen Geräten verbinden, etwa mit einem Blutzuckermessgerät. Die Zukunft liegt aber im Einsatz als höchst individueller digitaler Therapiehelfer.
Husteblume und Diabetes-App
Die Husteblume-App wurde von der TK zusammen mit der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst entwickelt. Sie kann im Internet von jedermann kostenlos runtergeladen werden. Die Diabetes-App können hingegen nur TK-Versicherte nutzen.
Können Sie das an Ihrer „Husteblume“ erklären?
Die App liefert nicht nur allgemeine Informationen zum Thema Allergie; mit Hilfe Ihrer Postleitzahl lokalisiert sie auch Ihren Standort und sagt Ihnen die Pollendichte der Region voraus. Anhand Ihrer Symptome – etwa juckenden Augen oder Niesen – und der Wetterdaten errechnet sie zudem Ihre persönliche Pollenbelastungsprognose und gibt nützliche Hinweise zur Behandlung. Die grafische Darstellung der Daten zeigt darüber hinaus auf einen Blick, ob die eingenommenen Medikamente oder das Nasenspray tatsächlich wirken. Beeinträchtigungen durch allergische Reaktionen können dadurch verringert oder sogar ganz vermieden werden.
Ferndiagnosen sind in Deutschland doch gesetzlich verboten?
Die App gibt wissenschaftlich geprüfte Empfehlungen, sie liefert keine Diagnosen. Trägt der Patient seine Symptome regelmäßig in die Tagebuchfunktion ein, vergleicht die App seine Daten mit denen anderer Nutzer. Dann sieht er, ob die Symptome in ihrer Ausprägung „normal“ sind, oder ob er besser zum Arzt gehen sollte.
Die Daten bleiben anonym
Wieso ausgerechnet Apps zu Pollenallergie und Diabetes?
Diabetes ist eine der häufigsten chronischen Erkrankungen: Allein in Deutschland haben wir rund 8 Millionen Diabetiker. Und gegen Pollen sind hierzulande 15 Millionen Menschen allergisch.
Wie kommen die beiden Apps denn bislang an?
Erstaunlich gut. Die Diabetes-App nutzen bereits über 10.000 Menschen. Bei der „Husteblume“ sind es mittlerweile über 25.000.
Was passiert mit den Nutzerdaten?
Die werten wir für verbesserte Behandlungsempfehlungen aus. Aber verschlüsselt und absolut anonym.
Für die Pharmaindustrie dürften die selbst anonym interessant sein.
Ganz eindeutig: Wir verkaufen keine Daten und kommerzialisieren sie auch nicht sonst wie.
Apps motivieren
Muss ich dann irgendwann mehr zahlen, wenn ich beispielsweise meinen Blutzucker nicht regelmäßig messe?
Das verbietet das Sozialgesetzbuch. Als Kasse sind wir der Solidargemeinschaft verpflichtet.
Aber es gibt doch ein Bonusprogramm?
Das schon. Aber wir dürfen niemanden, der dies nicht macht, dafür bestrafen. Das wollen wir auch gar nicht. Unsere Hoffnung ist allerdings, dass Menschen, die sich ansonsten wenig für Sport und Ernährung interessieren, durch die Apps motiviert werden, sich mehr mit ihrer Gesundheit zu beschäftigen.
Welche Bedeutung haben Gesundheits-Apps im Jahr 2025?
Die digitale Versorgung wird ein völlig normaler Bestandteil der Regelversorgung sein und wir werden zwischen der ärztlichen und der digitalen Behandlung keinen Unterschied mehr machen.