Milchprodukte: Unverträglichkeit und Allergie

© picture alliance/Bildagentur-online

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Nicht hinter jedem Bauchweh steckt eine Unverträglichkeit oder Allergie. Besonders Milchprodukte stehen aber oft im Verdacht. Ob man wirklich eine Laktoseintoleranz oder Kuhmilcheiweißallergie hat, sollte ein Arzt abklären. Dann kann man seine Ernährung anpassen.

Morgens eine große Tasse Milchkaffee, mittags Nudeln mit Sahnesoße und abends ein Becher Milch – Milchprodukte gehören für viele Menschen zum täglichen Genuss. Manch einem allerdings bereiten sie arge Probleme. Zwischen zwei Arten muss man unterscheiden: Laktoseintoleranz und Kuhmilcheiweißallergie.

Viele Menschen denken, ihre Bauchschmerzen, Blähungen und Durchfall hingen mit dem Genuss von Milchprodukten zusammen. Oft rühren solche Symptome jedoch von zu hastigem Essen oder von einer wenig ausgewogenen Ernährung. „Jeder fünfte Mensch in der Bundesrepublik, also 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung, hat eine Laktoseintoleranz“, erklärt Birgit Terjung von der Gastro-Liga in Wiesbaden.

Auch bei Laktose kommt es meist auf die Dosis an

Menschen mit einer Laktoseintoleranz können den milcheigenen Zucker Laktose nicht abbauen und deshalb nicht verdauen. Die Betroffenen haben einen Mangel an dem Enzym Laktase, das den Zucker eigentlich aufspaltet. „Ist das Enzym nicht mehr in ausreichendem Maße aktiv, wird der Milchzucker nicht aufgespalten und gelangt in den Dickdarm“, sagt Dagmar Mainz vom Berufsverband Niedergelassener Gastroenterologen (BNG) in Ulm.

Von bestimmten Bakterien wird der Milchzucker vergoren – es entstehen Gase, die zu Blähungen und Bauchweh führen. Für die Diagnose lässt der Gastroenterologe den Patienten eine Flüssigkeit mit Laktose trinken. Dann wird der Atem auf den Gehalt von Wasserstoff getestet. Denn die Darmbakterien spalten Wasserstoff ab, der in die Blutbahn und die Lunge gerät und so in der Atemluft messbar ist.

Gastro-Liga: Ratgeber für Patienten

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„Dann gilt es, für zwei bis vier Wochen laktosehaltige Lebensmittel zu meiden“, rät Heike Dethardt vom Verband der Diätassistenten (VDD) in Essen. So kommt der Darm zur Ruhe und ist bereit für Schritt zwei: Der Betroffene wagt sich nach und nach wieder an laktosehaltige Produkte heran. So findet er heraus, ab welcher Dosis die Beschwerden beginnen.

Laktase-Tabletten wirken individuell

So muss man nicht immer Milchprodukte meiden. Terjung empfiehlt türkischen oder griechischen Joghurt, da der Gehalt an Laktose geringer ist. Ebenso ist es bei Butter und Hartkäse. Doch Laktose sei auch in Fertigprodukten wie Pizza, Süßigkeiten, Dosenfrüchten oder Wurst enthalten. Daher sollte man auf die Zutatenliste schauen: Laktose versteckt sich dort oft als Molkepulver oder Molke.

Von Sahne sollten Betroffene auch eher die Finger lassen, sie hat einen hohen Laktoseanteil. Bei Milch ist das Ausweichen auf Ziegenmilch oder Schafsmilch wenig sinnvoll – sie enthält beinahe genauso viel Laktose wie Kuhmilch. Eine Alternative wären Soja- oder Mandelmilch. „Am besten die kalziumangereicherte Variante“, rät Dethardt, um einem Mangel vorzubeugen.

Manch einer denkt, nach der Einnahme spezieller Laktase-Tabletten könne er alles essen. Das stimmt so aber nicht. „Es ist individuell und von Mal zu Mal verschieden, wie lange die Passage der Kapseln und der Nahrung zum Dünndarm dauert, so dass Nahrung und Laktase nicht immer optimal zusammenkommen. Auch kommt es darauf an, was man zu sich nimmt“, erklärt Mainz. „Außerdem wirken die Tabletten bei jedem Menschen unterschiedlich“, ergänzt Dethardt. Die Tabletten sind auf Reisen oder beim Essengehen sinnvoll – für den Alltag sollte man besser für sich die richtige und somit verträgliche Ernährung herausfinden.

Auf Mangelernährung achten

Bei der Kuhmilcheiweißallergie liegen die Dinge etwas anders. Hier reagiert das Immunsystem auf Eiweiße, die in Kuhmilch enthalten sind. Betroffen sind überwiegend Kinder. Ihr Immunsystem ist noch nicht trainiert. „Der Körper erkennt, dass da etwas Fremdes ist und attackiert es mit der Immunabwehr“, erklärt Terjung. Folge sind allergische Reaktionen, vor allem Ausschlag, Bauchschmerzen bis hin zu Atemnot. „Der Arzt kann mittels Bluttest ein spezifisches Allergen, das Immunglobulin E (IgE), nachweisen“, erklärt Dethardt. Ebenso macht der Mediziner einen Allergietest auf der Haut. Auch gibt es den Provokationstest, bei dem dem Kind unter ärztlicher Aufsicht Kuhmilch gegeben wird – erst in winzigen Mengen, dann nach und nach mehr. So kann der Arzt beobachten, ob das Kind reagiert und im Zweifelsfall eingreifen.

Wird die Allergie diagnostiziert, hilft nur das konsequente Meiden von Kuhmilchprodukten. Wie bei der Laktoseintoleranz sollten Eltern auch hier die Zutatenliste von Fertigprodukten studieren. Damit keine Mangelerscheinungen auftreten, benötigt das Kind eine Ergänzungsnahrung mit Kalzium und Vitaminen, erklärt Dethardt.

Mit zunehmendem Alter lerne das Immunsystem immer mehr, mit solchen Stoffen umzugehen. So wird das Kind nach anderthalb bis zwei Jahren erneut untersucht. Bis zum Schulalter sei die Kuhmilcheiweißallergie meist vorbei, sagt Dethardt.

Von Alexandra Bülow (dpa)