Schmetterlinge im Bauch

© picture alliance/WILDLIFE

© picture alliance/WILDLIFE

Der Magen kribbelt, das Herz rast, die Hände sind schweißnass. Biologisch gesehen ist Verliebtsein nichts anderes als purer Stress. Doch was hat das mit Schmetterlingen in unserem Bauch zu tun?

Ausgedacht hat sich die Schmetterlings-Metapher die amerikanische Schriftstellerin Florence Converse (1871–1967) in ihrem Buch „The House of Prayer“. Dass unser Bauch beim Verliebtsein so unkontrolliert flattert, ist jedoch keine rein literarische Erfindung. Verantwortlich für dieses Gefühl sind allen voran unsere Hormone.

Biochemische Botenstoffe sorgen dafür, dass der Informationsaustausch zwischen Körper und Gehirn ordentlich funktioniert; sie sind für zahlreiche Stoffwechselprozesse unseres Körpers verantwortlich. In Sachen Liebe sind Hormone so was wie unsere heimlichen Drehbuchschreiber – ohne sie gibt es kein Happy End.

Welche Hormone sorgen für das Kribbeln in unserem Bäuchlein?

Maßgeblich verantwortlich sind die beiden Aufputscher-Hormone Adrenalin und Noradrenalin. Adrenalin wird in der Nebenniere produziert, Noradrenalin im Nebennierenmark. Zusammen regen sie die Durchblutung unserer Muskeln an, drosseln die Verdauung, lassen unser Herz schneller schlagen, die Hände schwitzen und sorgen dafür, dass sich unser Magen so komisch zusammenzieht und flattrig wird.

Biologisch gesehen sind das die gleichen Symptome wie die bei einer Panikattacke. Eigentlich müssten wir aus lauter Angst also die Beine in die Hand nehmen und weglaufen. Zum Glück sind an dem Verliebtsein-Drehbuch noch andere Hormone beteiligt: Sind Adrenalin und Noradrenalin für die Spannung zuständig, sorgen Oxytocin, Dopamin und Serotonin fürs Happy End. Mit ihrer Hilfe erleben wir das Bauchkribbeln als positiven Stress.

Wie machen die Glückshormone das?

Wie genau die Rollen verteilt sind, kann die Wissenschaft bislang noch nicht belegen. Aber sie sind ihnen dicht auf den Fersen:

Erster Akt: „Serotonin“. Das Glückshormon sorgt für gute Laune. Bei Verliebten ist der Serotoninspiegel allerdings total im Keller, mitunter entspricht er sogar dem von Menschen mit einer Zwangserkrankung. Auf den ersten Blick scheint das paradox, es hat jedoch einen guten Grund: Der Serotoninmangel bewirkt, dass kein Gedanke mehr am geliebten Menschen vorbeiführt. Was dabei entsteht, ist der sogenannte „Tunnelblick“. Gleichzeitig sorgt die niedrige Serotoninkonzentration für Nervosität und Traurigkeit. Die Euphorie des Verliebtseins kann dadurch schnell in Niedergeschlagenheit umschlagen.

Hormone: Die Boten im Körper?

Ihre Wirkung entfalten Hormone meist in der Blutbahn oder im Gewebe des Menschen. Um was für ein Hormon es sich handelt, lässt sich danach unterscheiden, von wem es produziert wird: Klassische Hormone werden von Drüsenzellen gebildet. Neurohormone werden hingegen von unseren Nervenzellen produzieren. Geben die Nervenzellen die Hormone jedoch weder in die Blutbahn noch ins Gewebe ab, sondern schütten sie sie in unsere Synapsen aus – also in die Verknüpfungen, über die Nervenzellen miteinander kommunizieren –, sprechen wir von Neurotransmittern. Daneben gibt es noch sogenannte Gewebshormone, die in spezialisierten Einzelzellen im Gewebe hergestellt werden. Manche der Botenstoffe bildet unser Körper auch gleich in doppelter Ausführung: Das Noradrenalin wird beispielsweise nicht nur von der Nebenniere (als Drüsenhormon), sondern auch von den sympathischen Nervenfasern (als Neurohormon) produziert.

Zweiter Akt: „Dopamin“. Dass die Liebesgeschichte nicht schon nach dem ersten Wimpernschlag endet, dafür sorgt dieser Glücklichmacher. Bei Verliebten ist der Dopaminhaushalt über die Maßen gefüllt, insbesondere im Belohnungszentrum des Vorderhirns. Der Neurotransmitter aktiviert das Belohnungssystem, verstärkt die positiven Gefühle und sorgt für Euphoriezustände.

Dritter Akt: „Oxytocin“. Der abschließende Applaus gebührt dem Kuschelhormon. Das Oxytocin wird im Hypothalamus (einem Abschnitt des Zwischenhirns) gebildet und wirkt im Gehirn ebenfalls auf unser Belohnungssystem. Bei Verliebten wird es verstärkt ausgeschüttet – etwa wenn sie sich berühren. Das Oxytocin fördert das Vertrauen zueinander, die emotionale Bindung und sorgt dafür, dass die ausgelösten Glücksgefühle an die spezielle Person gekoppelt werden.

Warum hört das Gefühlsfeuerwerk wieder auf?

Sein Leben lang Schmetterlinge im Bauch zu haben und sich damit einem permanenten Dauerstress auszusetzen, würde unser Körper nicht verkraften. Deswegen lässt die Wirkung des Hormoncocktails mit der Zeit nach. Die Gefühle der Verbundenheit, der Wärme und Zusammengehörigkeit, die in dieser Phase entstehen, kann unser Gehirn jedoch langfristig speichern.

Ist das der Fall, haben die Hormone ihren Job erfolgreich erfüllt – und aus dem Verliebtsein ist Liebe geworden. Ist das nicht der Fall, heißt es: Alles wieder auf Anfang.